"Bitcoin verschwendet Energie": Was Sie wissen müssen, um sich Ihre eigene Meinung zu bilden!
- Markus Koch
- 28. Mai 2020
- 8 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 2. Juni 2020
Hallo und herzlich Willkommen zu einem weiteren Blog Beitrag von Koch Digital Assets Services! Mein Name ist Markus Koch und ich freue mich, dass Sie hier sind! Auf diesem Blog widme ich mich vertiefend unterschiedlichsten Themen rund um Blockchain Technologie, Kryptowerte, Bitcoin und Co.
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Die Bitcoin Blockchain und ihr Energieverbrauch - kaum ein anderes Thema spaltet die Meinungen der Menschen in Bezug auf die größte Kryptowährung mehr als dieses. Schade ist, dass die Meinungen vieler Menschen, die sich lautstark in diese Diskussion einmischen, auf kaum mehr als auf Hören-Sagen und auf oberflächlichen Informationen basieren.
Kein Wunder - Die Google Suchanfrage "Bitcoin verbraucht mehr Strom als..." findet innerhalb weniger als einer Sekunde 105.000 Treffer. Die Titel der Suchergebnisse orientieren sich dabei an Mustern wie "Eine Bitcoin-Transaktion verbraucht mehr Strom als ein Einpersonenhaushalt im Monat" oder "Bitcoin verbraucht mehr Strom als die Schweiz". All diese Titel vermitteln ein sehr einseitiges Bild der Wahrheit.
Also: Was ist dran an diesen Behauptungen? In diesem Artikel möchte ich Ihnen eine mit Zahlen und Fakten fundierte Grundlage bieten, damit sie sich Ihre eigene Meinung über das Streitthema "Energieverbrauch von Blockchains", speziell der Bitcoin Blockchain, bilden können.
Was ist eine Blockchain und wofür genau benötigt sie Energie?
In meinem ersten Beitrag auf diesem Blog habe ich erklärt, dass eine Blockchain eine digitale Kette bestehend aus Blöcken ist, die Transaktionen von Nutzern eines Computernetzwerks enthalten. Das Besondere an einer Blockchain ist dabei, dass sie nicht von einer zentralen Instanz verwaltet wird, sondern von diesem Computernetzwerk selbst, das über die gesamte Welt verteilt ist.
Aus der Art und Weise, wie die Blockchain verwaltet wird, resultieren Ihre zentralen Vorteile, aber auch Ihre Herausforderungen.
Die Herausforderung: Wer bestimmt, wer neue Blöcke an die Blockchain anhängen darf? Oder andersherum: Wie wird sichergestellt, dass nicht irgendjemand einen Block mit Transaktionen anhängt, die in Wahrheit gar nicht stattgefunden haben?
Die unterschiedlichen Blockchains haben unterschiedliche Lösungsansätze für diese Fragestellung. Wir konzentrieren uns in diesem Blog auf die Bitcoin Blockchain, weil sie im Mittelpunkt der Diskussion um den Energieverbrauch steht.
Die Antwort bei Bitcoin: Proof-of-Work ("Beweis durch Rechenleistung")
Ganz einfach: Es darf derjenige Teilnehmer des Bitcoin Netzwerks einen neuen Block an die Blockchain anhängen, der als erster einen bestimmten Fingerabdruck, den sogenannten Hash (eine 32 Stellen lange Zeichenfolge), ermittelt hat. Dieser Hash muss eine ganz bestimmte Eigenschaft erfüllen, was einer enormen Rechenleistung bedarf. Will man als Miner (Menschen bzw. deren Computer, die neue Blöcke anhängen) seine Chance erhöhen, der erste zu sein, der diesen einen gültigen Hash findet, muss man also entsprechend mehr Rechenleistung investieren.
In meinem zweiten Blog Beitrag bin ich darauf eingegangen, welche Kosten diese große Rechenleistung für einen Miner mit sich bringt: u.a. Rechnerhardware und vorallem Strom. Diese Miner werden für Ihre Arbeit, das Anhängen neuer Blöcke, natürlich entlohnt und zwar mit:
Dem block reward: Bitcoins, die mit jedem neu angehängten Block neu in Umlauf kommen und
mit den Gebühren der Transaktionen in diesem Block (auch Bitcoins).
Diese Belohnung erhalten die Miner aber nur, wenn alle anderen Netzwerkteilnehmer den neuen Block akzeptieren und das wiederum tun sie nur, wenn der Block nicht manipuliert wurde.
Zusammengefasst: Um einen neuen Block an die Blockchain anhängen zu können, muss ein Miner unter Aufwand von hoher Rechenleistung einen bestimmten Hash finden. Für diese Rechenleistung wird er nur entlohnt, wenn der Block nicht manipuliert wurde. Diese Tatsache veranlasst die Miner, ehrlich zu sein und nur korrekte Blöcke anzuhängen.
Im Endeffekt steht somit der Energieverbrauch der Bitcoin Blockchain in direktem Verhältnis zu ihrer Sicherheit, denn: Je mehr Geld ein potentieller Angreifer in Hardware und Strom investieren muss, um unter vielen der erste Miner zu sein, der die spezielle Anforderung an den Hash eines neuen Blocks erfüllt, desto unwahrscheinlicher ist ein solcher Angriff.
Reden wir Tacheles: Wie viel Energie verbraucht Bitcoin nun wirklich?
Zum genauen Stromverbrauch der Bitcoin Blockchain, also aller Netzwerkteilnehmer, die die Bitcoin Blockchain betreiben, gibt es aufgrund der dezentralen Natur der Blockchain keine 100% genauen Angaben. Die Menschen und Unternehmen, die die Blockchain betreiben, kommen aus unterschiedlichsten Ländern, verwenden unterschiedlich effiziente Hardware und vor allem gibt es keine zentrale Anlaufstelle, der die Miner berichten müssen. Es gibt also nur Schätzungen.
Ein mittlerweile anerkanntes Institut, das Angaben zum Energieverbrauch der Bitcoin Blockchain macht, ist das Cambridge Centre for Alternative Finance mit ihrem CBECI, dem "Cambridge Bitcoin Electricity Consumption Index". In dem Online-Tool auf seiner Webseite veröffentlicht das Institut u.a. den geschätzten aktuellen Energieverbrauch der Bitcoin Blockchain und eine historische Entwicklung:

(Auf dieser Webseite finden Sie übrigens diese und alle anderen hier folgenden Gegenüberstellungen mit den Live-Daten). Auf dem mittleren Feld ist die Schätzung des aktuellen Stromverbrauchs der Bitcoin Blockchain in Gigawatt (Milliarden Watt) samt einer Hochrechnung der insgesamt benötigten Energiemenge auf ein Jahr zu sehen.
Auf den beiden äußeren Feldern sind die minimal bzw. maximal möglichen Werte des Energieverbrauchs samt deren Hochrechnungen zu sehen. Also die Werte, die zustande kämen, wenn alle Netzwerkteilnehmer die effizienteste bzw. ineffizienteste Hardware verwenden würde, um das Netzwerk zu betreiben.
Neben der Tatsache, dass es schwierig ist, sich unter diesen Zahlen etwas vorzustellen, zeigt diese Darstellung vor allem eines: Die große Unsicherheit, die diesen Schätzungen zugrunde liegt. Mit umso mehr Vorsicht und Skepsis muss deshalb Beiträgen mit populistischen Titeln wie "Bitcoin verbraucht mehr Strom als die Schweiz" begegnet werden. Wer genau hinschaut, erkennt, dass zwischen dem minimal und maximal möglichen Wert fast ein Faktor von 3(!) liegt, was effektive Aussagen auf dieser Basis riskant macht. Außerdem schwankt der momentane Energieverbrauch des Bitcoin Netzwerks stark. Heute, am zweiten Tag der Erstellung dieses Artikels z.B., beträgt der geschätzte momentane Verbrauch 5,79 GW, also eine Differenz zum Vortag von 18,6%!
Trotz der starken Schwankung, auch über die letzten Jahre betrachtet, weist der Energieverbrauch der Bitcoin Blockchain eine klare Aufwärtsbewegung auf. Das zeigt, wie oben beschrieben, nicht nur einen steigenden Stromverbrauch auf, sondern auch ein stark zunehmendes Interesse an Bitcoin und die zunehmende Sicherheit des Netzwerks:

Dabei zeigt die dunkelgelbe mittlere Linie den vom Cambridge Institut geschätzten Verlauf und die hellgelbe und schwarze Linie den jeweils minimal bzw. maximal möglichen Wert.
"Sind diese Zahlen nun gut oder schlecht?"
....fragen sich nun wahrscheinlich die meisten Leser. Setzen wir diese Zahlen also einmal ins Verhältnis. Natürlich kommt der berühmte Ländervergleich dabei auch nicht zu kurz. Aber eins nach dem Anderen:

Aus der linken Grafik entnehmen wir, dass der Bitcoin Stromverbrauch einen Anteil von 0,32% an der produzierten Gesamtmenge elektrischer Energie der Erde innerhalb eines Jahres ausmacht. Die rechte Grafik besagt, 0,37% der weltweit jährlich verbrauchten Energie gehen auf das Konto des Bitcoin Netzwerks.
Fazit: Im Vergleich zum gesamten Energieverbrauch der Erde liegt der Stromverbrauch der Bitcoin Blockchain in einem überschaubaren Bereich.
Nächste Veranschaulichung:

Diese Grafik zeigt, wie oft die Bitcoin Blockchain von den erneuerbaren Energiequellen Wasserenergie (links), Energie durch Biomasse (Mitte) und durch Solar- und Windenergie und andere Formen erneuerbarer Energiequellen (rechts) betrieben werden könnte.
Auch hier wird deutlich, selbst die jährlich erzeugten Strommengen an erneuerbaren Energien übersteigen den Verbrauch der Bitcoin Blockchain um ein großes Vielfaches.
Und wenn wir schon bei erneuerbaren Energien sind, bleiben wir doch gleich hier: Die letzte Ausgabe des Research-Berichts "The Bitcoin Mining Network Report" des amerikanischen Hedgefonds- und Trading-Anbieters Coinshares von Dezember 2019, zeigt, dass die Energie für das Bitcoin Netzwerk mittlerweile zu circa 73% aus erneuerbaren Quellen, hauptsächlich aus Wasserkraft, stammt.
Und das macht aus folgendem Grund Sinn: Die Profitabilität des Bitcoin-Minings ist zu einem hohen Grad durch Stromkosten getrieben. Dieser Strom wird dabei nicht nur für das Errechnen neuer Blöcke, sondern besonders auch für die Kühlung der Rechner gebraucht. Die meisten "Bitcoin-Minen" stehen also in kühlen Regionen dieser Erde, in denen Strom aus erneuerbaren Energien wie Wind- und Wasserkraft in großem Umfang zur Verfügung steht und deshalb günstig ist.
Das sind zum Beispiel Gegenden wie Island, Norwegen, der Norden Nordamerikas, Sibirien oder die chinesische Provinz Sichuan. Passend zum Thema kann ich eine 3Sat-Dokumentation namens "Die Blockchain Revolution" empfehlen, die gleich zu Beginn von einer Bitcoin-Mine in einem stillgelegten Bergwerk in einem norwegischen Fjord handelt.
Hinzu kommt, dass diese Erneuerbare-Energien-Kraftwerke, wie z.B. Wasserkraftwerke, oft in sehr entlegenen Gebieten stehen und der Weg in besiedelte Regionen, in denen dieser Strom benötigt wird, ist oft weit. Bei der Übertragung von elektrischem Strom über große Distanzen treten Verluste auf. Bitcoin Mining ermöglicht es, Strom aus erneuerbaren Quellen direkt am Ort der Erzeugung zu nutzen und diese Verluste zu umgehen.
Genug zu erneuerbaren Energien. Hier das Länderranking:

Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels befindet sich Bitcoin auf Basis seines Energieverbrauchs - wäre Bitcoin ein Land - im Länderranking zwischen den Philippinen und Belgien. Da eine solche Darstellung zwar gute Headlines macht, aber schwer einzuschätzen ist, wie gut oder schlecht das ist, hier eine etwas andere Darstellung mit besserem Vergleichswert:

Auch hier wird ersichtlich: Ja, Bitcoin verbraucht Energie, so viel, dass er auf Länderebene erscheint. Allerdings befindet er sich im unbedeutenden Teil des Diagramms, was die Höhe des Verbrauchs angeht. Die größten Säulen gehören übrigens in dieser Reihenfolge zu China, den USA, Indien, Japan und Russland. An sechster Stelle steht Deutschland. Allein China verbraucht dabei fast 70 Mal so viel Energie wie das Bitcoin Netzwerk. (Klicken Sie hier für die aktuellen Werte)
Und eine letzte Grafik, meiner Meinung nach die interessanteste:

Allein die Energie, die pro Jahr von elektronischen Geräten nur in den USA im Standby Modus verbraucht wird, könnte die Bitcoin Blockchain 2,7 Jahre lang betreiben. Diese Grafik sagt für mich am meisten über unsere Einstellung zum Energieverbrauch aus. Zunächst sollten wir uns Gedanken darüber machen, wie wir den Energieverbrauch senken können, der zu 100% nutzlos ist, bevor wir uns auf den vermeintlich hohen Verbrauch einer revolutionären Technologie stürzen.
Und ein weiterer Denkanstoß: Überlegen Sie sich, welche Teile des traditionellen Finanzsystems, inklusive Bargeldsystem, Bitcoin ersetzen könnte: Denken Sie dabei an die hunderttausenden von Bankfilialen mit ihren IT-Netzwerken und Bargeldautomaten (von denen übrigens jeder 100-150 Watt an Leistung benötigt), die über die Welt verteilt sind. Die repräsentativen Banken-Wolkenkratzer in den Finanzzentren dieser Erde, die Energie die allein für das Drucken bzw. Prägen von physischen Geldscheinen und -münzen, die Gebäude der verantwortlichen Druckereien, der tägliche Spritverbrauch von und zur Arbeit, der Menschen, die dort arbeiten, die gepanzerten Bargeldtransporte zwischen Banken, und und und. All das benötigt auch Energie, wissen wir wie viel? Davon könnte ein Teil eingespart werden, würde eine Blockchain wie die Bitcoin Blockchain einen Teil dieser Infrastruktur ersetzen.
Ausblick: Bessere Konsensmechanismen wie PoS
Das Schöne an Blockchains und Kryptowerten wie Bitcoin: Sie bestehen zu 100% aus Software, die konstant weiterentwickelt wird. Auch für Proof of Work, den Mechanismus des Bitcoin, wie sichergestellt wird, dass nur rechtmäßige und ehrliche Blöcke an die Blockchain angehängt werden, gibt es mittlerweile vielversprechende, weit weniger energieintensive Mechanismen, wie Proof of Stake.
Bei Proof of Stake hängen diejenigen Netzwerkteilnehmer neue Blöcke an, die eine große Menge der Währung des Netzwerks besitzen. Sie hinterlegen als Gegenleistung für dieses Recht einen Teil ihres Besitzes als Pfand und haben einen großen Anreiz nur ehrliche Blöcke anzuhängen, da sonst a) ihr hinterlegter Besitz konfisziert wird und b) ihr nicht hinterlegter Besitz durch einen Vertrauensverlust in das Blockchainnetzwerk weniger Wert werden würde. Das zweitgrößte, Ethereum, steckt zur Zeit übrigens mitten im Übergang von Proof of Work zum weniger energieintensiven Proof of Stake.
Fazit
Wir haben Folgendes gelernt:
Der Energieverbrauch der Bitcoin Blockchain steht in direktem Verhältnis zu ihrer Sicherheit.
Aufgrund der dezentralen Natur des Bitcoin unterliegen Schätzungen zum Energieverbrauch seiner Blockchain großen Unsicherheiten.
Das Bitcoin Mining benötigt in der Tat einiges an Strom. So viel, dass es auf Länderebene auftaucht.
Mittlerweile stammt circa dreiviertel des Energiebedarfs des Netzwerks aus erneuerbaren Quellen.
Blockchains wie die Bitcoin Blockchain sind Software, die laufend verbessert wird. Ein vielversprechender Ansatz für den Konsens-Mechanismus ist das wesentlich weniger energieintensive Proof of Stake.
Auch das Internet war zu Beginn nicht perfekt, die Blockchain ist es auch nicht. Allerdings arbeiten viele kluge Köpfe an ihrer Optimierung. Und: Der Bitcoin und die zugrundeliegende Blockchain Technologie sind (r)evolutionäre Technologien, in die aus meiner Sicht investiert werden muss, um als Menschheit voranzukommen.
Was mir persönlich aus der Recherche für diesen Artikel am meisten im Gedächtnis bleiben wird, ist die Tatsache, dass das Bitcoin Netzwerk allein mit der benötigten Energie der elektronischen Geräte im Standby Modus in den USA 2,7 Mal betrieben werden kann.
Also: Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen tieferen Einblick in die Thematik "Energieverbrauch der Bitcoin Blockchain" gewähren und somit eine Grundlage liefern, auf der Sie sich Ihre eigene Meinung bilden können. Ich würde mir wünschen, dass Sie sich an den Inhalt dieses Artikels erinnern, wenn Sie das nächste Mal einen Titel des Schemas "Bitcoin verbraucht mehr Strom als Land X" lesen.
Ich bedanke mich für Ihr Interesse!
Markus Koch
Wenn Sie mehr über die Grundlagen von Blockchains und Kryptowerten erfahren möchten, empfehle ich meine anderen Blogbeiträge.
Wenn Sie mit dem Gedanken spielen, in Kryptowerte zu investieren, aber noch Zweifel haben, würde ich mich freuen, Ihnen behilflich sein zu dürfen.
Vereinbaren Sie dazu doch einfach ein kostenloses Erstgespräch mit mir. Ich freue mich auf Ihre Nachricht!
Sehr interessante Links zu den Institutionen die den Energieverbrauch wirklich bestimmen oder nachvollziehen. . Interessant wäre eine Modelrechnung / Vergleich wieviel die bestenden Fiat Geldautomaten und die zughörige Netzwerkinfrastruktur und Bankenrechner samt Rechenleistung verbrauchen im Vergleich zu dem Bitcoin Netzwerk.